Ein ganz wichtiger Aspekt beim Functional Training ist die Rotationskomponente. Drehbewegungen kommen sowohl im Alltag, als auch im Sport häufig vor und sollten daher auch im Training nicht fehlen.

Bevor jedoch gezielt Drehbewegungen in ein Kraft oder Fitnesstraining eingebaut werden, ist es empfehlenswert, zunächst die Anti-Rotation zu trainieren, also die erforderliche Stabilität aufzubauen, um Drehbewegungen oder -kräften widerstehen zu können.

Wichtig ist zu verstehen, dass es beim Bauchmuskeltraining nicht um reines Krafttraining handelt, sondern viel mehr um Ansteuerung, Kontrolle und Timing.

Wer den Körper in allen Bewegungsrichtungen auch bei auftretenden Drehkräften ausreichend stabilisieren kann, ist bereit für aktive Drehbewegungen wie z. B. Werfen, Stoßen, Richtungswechsel bei der Fortbewegung, Keulenschwingen oder diverse Fortgeschrittenenübungen mit Kettlebells oder Sandbags, bei denen die Hüften und/oder die Brustwirbelsäule mitrotieren.

Das bewusste Einbauen von (Anti-) Rotationsübungen ins Trainingsprogramm sorgt für mehr Stabilität, Beweglichkeit und Bewegungsfähigkeit, verbessert die körperliche Leistungsfähigkeit im Alltag und Sport und kann Verletzungen vorbeugen.

Drehkräfte, denen man widerstehen muss, treten u. a. in sämtlichen Übungen auf, bei denen der Körper auf einer Seite mehr belastet wird. Dazu zählen also alle einarmigen und einbeinigen Übungen sowie solche in Schrittstellung.

Ein einfaches Beispiele hierfür wären Ausfallschritte, einarmiges Ziehen/Drücken/Reißen/Stoßen/Schwingen/Umsetzen oder einbeiniges Kreuzheben und einbeinige Kniebeugen.

Dreidimensionale Rumpfstabilität

Anti-Flexion, Anti-Extension, Anti-Rotation, Anti-Lateralflexion

Eine der Hauptaufgaben des Rumpfes ist es Bewegung zu verhindern, also Stabilisierungsarbeit zu leisten. Der Anspruch eines funktionellen Trainings sollte es sein, unseren Körper in seinen tatsächlichen Funktionen zu unterstützen. Unser Rumpf ist die Verbindung zwischen Ober- und Unterkörper – überträgt somit die Kraft zwischen den oberen und unteren Extremitäten (Krafttransfer von den Beinen zu den Armen und umgekehrt), beispielsweise bei einem Schuss im Fußball, bei einem Abschlag im Golf oder bei einem Wurf im Handball. Wie wir bei den eben genannten drei Beispielen sehen, hat der Rumpf natürlich neben den stabilisierenden Aufgaben auch dynamische Aufgaben – hier sei vor allem die Rotationsbewegung in der Transversalebene genannt. Das häufigste Bauchmuskeltraining findet jedoch im Breiten- und Fitnesssport, dynamisch in der Flexion statt. Seien es die beliebten Crunches als freie Übung oder sämtliche gerätegestützte Bauchübungen. Jeweils trainieren wir die Beugefähigkeit des Rumpfes. Ist dies jedoch funktionell? Um diese Frage beantworten zu können, sollten wir reflektieren, in welchen Situationen eine Flexion des Rumpfes im Alltag oder Sport notwendig ist. Wir werden schnell feststellen, dass solche Situationen sehr rar sind. Bei kaum einer Sportart hängt die sportartspezifische Performance von einer guten Flexionsfähigkeit des Rumpfes ab. Ein funktionelles Rumpftraining sollte somit den Hauptaugenmerk auf die Anti-Bewegungen und die Rotationen setzen.

Formen des Rumpftrainings

Im Funktionellen Training unterscheiden wir somit Anti-Extension-Training (Frontstütz) – Man erlernt eine exzessive Überstreckung der Wirbelsäule zu verhindern. Dann haben wir Anti-Flexion-Training (Beckenbrücke gestreckt) – Man lernt die Wirbelsäule nicht zu viel zu krümmen. Anti-Lateral-Felxion-Training, das wäre ein Seitstütz – Man lernt die Wirbelsäule nicht zu sehr zu Seite zu neigen und dann die heutige Thematik das Anti-Rotations-Training was somit entgegen Rotatorischenkräften wirken soll.

Das Training der Anti-Bewegungen ist ein dreidimensionales Stabilisationstraining. Selbstverständlich kann solch ein Training auch mit anderen funktionellen Trainingstools umgesetzt werden. Die Instabilität durch einen Schlingentrainer lässt das Training noch etwas anspruchsvoller werden – steigert somit die Effektivität. Sprich – je mehr Instabilität desto höher sind die Anforderungen an den Rumpf eine Stabilität zu gewährleisten.

Anti-Flexion (Sagittalebene)

Anti-Flexions Übungen zielen darauf ab, den Körper dabei zu unterstützen Kräften zu begegnen, die eine Beugung des Rumpfes provozieren. Um die Anti-Flexions Fähigkeiten zu entwickeln sind klassische Übungen, wie beispielsweise Squats und Deadlifts, ideal. Das Gewicht der Langhantel provoziert bei diesen beiden Übungen eine Flexion der Wirbelsäule. Hauptsächlich der erector spinae und multifidi wirken dieser Kraft entgegen und somit der Flexion entgegen. Die Anti-Flexions Fähigkeiten lassen sich jedoch auch gut mit folgenden Übungen entwickeln.

  • Rudern (Body Row)
  • Brücke in der Schlinge (Bridging)
  • Vertikales Rudern auf dem Gymnastikball

Anti-Extension (Sagittalebene)

Die Anti-Extensions Fähigkeiten verhindern eine Extension der Wirbelsäule. Wie bei der Anti-Flexion sprechen wir hier von einer Stabilität in der Sagittalebene.

  • Unterarmstütz in der Schlinge (Progression: Unterarmstütz in der Schlinge mit Gewichtsverlagerung)
  • Strecken im Stand

Anti-Lateralflexion (Frontalebene)

Die Anti-Lateralflexion ist die Fähigkeit uns in der Frontalebene zu stabilisieren. Wie präsent diese Fähigkeit ist, sehen wir an der Tatsache, dass die Hüfte bei jedem Schritt, sei es beim Gehen, Treppen steigen oder Joggen, durch die Rumpfmuskulatur stabilisiert werden muss, damit ein seitliches „Wegkippen“ der Hüfte verhindert wird.

  • Seitstütz in der Schlinge mit gestrecktem Arm
  • Arme strecken über dem Kopf
  • Ausfallschritt in der Schlinge (Progression: mit Kettlebell)

Anti-Rotation (Transversalebene)

Die Anti-Rotation ist die Fähigkeit, einwirkenden Drehkräften zu begegnen – und somit die Stabilität in der Transversalebene zu gewährleisten. Die Anti-Rotation zu trainieren führt auch dazu, dass Rotationen besser kontrolliert werden können und sich somit die sportartspezifische Performance verbessern kann.

  • Einarmiges Rudern
  • Arme strecken vor der Brust
  • Unterarmstütz mit angehobenem Unterarm
  • Einbeinige Liegestützposition in der Schlinge

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das soeben beschriebene dreidimensionale Stabilisationstraining den funktionellen Anforderungen des Alltags und im Sport gerecht wird. Die Rumpfmuskulatur kann auf sie einwirkende Kräfte besser aufnehmen und somit strukturelle Schäden, vor allem im Bereich der Wirbelsäule, verhindern.

Bisherige Trainingsgewohnheiten sind somit nicht zwangsläufig falsch – so hat sicherlich das klassische Flexionstraining unter gewissen Umständen eine Daseinsberechtigung. Durch eine andere Perspektive können sich jedoch die Prioritäten im Trainingsaufbau verschieben.